FÜNF GRÜNDE WARUM ANWÄLTE VON LITIGATION-PR
PROFITIEREN
Immer öfter werden Anwälte vor Herausforderungen gestellt, die mit klassischen, juristischen Prozessstrategien allein nicht zu bewältigen sind. Die öffentliche Wahrnehmung wird zur relevanten Größe in vielen Verfahren. Viele Juristen scheuen aber nach wie vor die Auseinandersetzung mit den Medien. Sie kennen und fürchten das Risiko, dass eine Medienoffensive zum Boomerang wird: Unbedachte Äußerungen können von der Gegenseite missbraucht und gegen sie verwendet werden. Widerklagen und Schadensersatzforderungen würden in solchen Fällen die anwaltliche Strategie erheblich erschweren. Die Versuchung ist daher groß, ein Verfahren streng auf den Austausch von Schriftsätzen zu beschränken. Sind die Medien aber einmal auf einen Fall aufmerksam geworden, reicht das klassische „kein Kommentar“ nicht mehr. Im Gegenteil: Es wird längst von vielen als stillschweigendes Schuldeingeständnis verstanden. Dabei gibt es eine Reihe guter Gründe, warum Anwälte für die Abläufe im Gerichtssaal der Öffentlichkeit offen sein sollten. Hier einige der wichtigsten:
- Reputationsschutz des Mandanten: Immer häufiger greifen Medien die Rechtsstreitigkeiten in der Wirtschaft auf. Das reicht von klassischem Wirtschaftsstrafrecht und Managerhaftungsfragen (z.B. Breuer, Wiedeking, Kemmer) über Kartellrechtsauseinandersetzungen (z.B. Kaisers-Tengelman / Edeka) bis zu Anlegerklagen (z.B. Wölbern). Immer häufiger finden sich Anwälte und Unternehmen in einem Szenario wieder, bei dem der Reputationsschaden viel größer sein kann als der zu erzielende Streitwert. Wenn es am Ende heißt: Prozess gewonnen, Reputation ruiniert, haben alle verloren, auch die Anwälte.
- Erweiterung des Angebots und Verlängerung der Wertschöpfungskette: Anwälte können durch die Kooperation mit Litigation-PR-Profis ihr Beratungsspektrum deutlich ausdehnen. Sie können wesentlich dazu beitragen, dass die Berichterstattung der Medien nicht von Missverständnissen und Fehlinformationen geprägt sind. Eine langfristige Kommunikationsstrategie und eine adäquate Kommunikationsinfrastruktur erleichtern die Zusammenarbeit mit Journalisten wesentlich. Die komplexen juristischen Zusammenhänge können so für Journalisten und andere Multiplikatoren transparenter, übersichtlicher und verständlicher gemacht werden. Von der adäquaten „Übersetzung“ durch die Litigation-PR-Experten hängt oftmals ab, ob ein Fall in den Medien im Sinne des Mandanten gesteuert werden kann oder nicht.
- Bessere Erfolgschancen im Rechtsstreit: Die Wahrnehmung von Prozessen und Ihre Beurteilung durch die Öffentlichkeit haben Einfluss auf den Prozessverlauf. Auch wenn deutschen Gerichte in der Regel unabhängig urteilen, beeinflusst die öffentliche Meinung durchaus ihre Prozessführung. Wer das weiß, kann negativen Entwicklungen entgegen wirken oder aber die Stimmung für die eigenen Ziele nutzen. Der Rechtsstreit zwischen der Bayerischen Landesbank und der österreichischen Hypo Alpe Adria Bank waren über Jahre geprägt von intensiven Debatten in Politik und Öffentlichkeit. Erst durch eine Deeskalaton des öffentlichen Diskussionsklimas wurde schließlich eine außergerichtliche Einigung möglich. Umgekehrt kann man durch bewusstes Setzen von Themen in der Öffentlichkeit die Gegenseite so unter Druck setzen, dass sie einlenkt – und einer ungünstigen aber schnellen Einigung zustimmt.
- Erweiterung der Recherche- und Informationsbasis im Strafprozess: Litigation-PR kann ein Korrektiv zur Informations- und Deutungshoheit der Staatsanwaltschaft während der Ermittlungsphase darstellen. Die Erfahrung klassischer Strafrechtsanwälte zeigt: Wenn ein Fall in den Medien diskutiert wird, dann bekommt man deutlich mehr vertrauliche Materialien oder gar konkrete Beweise zugespielt. Der klassische Topos im „whodunit“ Kirmi, hat einen durchaus wahren Kern: Gerade Strafrechtsanwälte sollten dies in Kalkül mit einbeziehen.
- Eigen-PR durch Expertenzitate: Last not Least: Anwälte werden als Experten und Zitatgeber von den Medien geschätzt. Sei es das kurze TV-Statement im Anschluss an die Verhandlung, sei es das Hintergrundgespräch zur Erläuterung der Rechtslage oder aber das gezielt an die Medien weiter gegebene Rechtsgutachten – in all diesen Fällen gehen Litigation-PR und Kanzlei-PR Hand in Hand und dienen nicht nur dem Fall, sondern auch der Profilierung von Kanzlei und Partnern.
Für eine integrierte Litigation-PR-Strategie spricht also vieles. Meist sind aber genaue Kenntnisse der Medienmechanismen unerlässlich. In solchen Fällen arbeiten Kanzleien immer häufiger mit hochspezialisierten Litigation-PR-Beratern zusammen. Sie haben für diese Fragestellungen ein spezifisches Methodenarsenal entwickelt und unterstützen Anwälte und deren Mandanten bei der Bewältigung von Krisensituationen und gerichtlichen Auseinandersetzungen. Dabei bringen sie ihr Kontaktnetzwerk und die jahrelang aufgebaute Glaubwürdigkeit bei den Journalisten mit ein. Sie verfügen über die Fähigkeit, komplexe juristische Sachverhalte für Medien verständlich aufzuarbeiten. Und sie können Anwälte und Mandanten auch durch gezielte Medientrainigs auf Interviews und Medienkontakte vorbereiten.
Der vorliegende Artikel basiert auf einem Fachbeitrag, der unlängst im Deutschen AnwaltSpiegel erschienen ist.