Wenn Manager das Gesicht verlieren:
Reputationsschutz für die Führungsebene
Gesprächsreihe Rede und Antwort
Marcus Jung, FAZ (rechts)
Burkhardt Fassbach, Hendricks & Partner (links)
Am 28.September veranstaltete Sieber Senior Advisors eine Diskussionsrunde zum Thema „Manager am Medienpranger“. Incite-Speaker waren Marcus Jung von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Burkhard Fassbach von dem D&O Spezialisten Hendricks & Partner. Eine hochkarätige Teilnehmerrunde aus Kommunikationsprofis und Münchner Top-Anwälten diskutierte zwei Stunden über Chancen und Grenzen einer Krisenkommunikation für Manager im Rechtsstreit.
Top-Manager ist ein Risiko-Job. Das weiß jeder, der ihn antritt. Ständig wird mit scharfer Munition geschossen. Der Aufstieg ist lang, der Fall möglicherweise tief. Wer in die Mühlen eines Rechtsstreits gerät, der kann im äußersten Fall nicht nur seinen Job verlieren. Schlimmer noch: Wenn Manager in die Arena der Öffentlichkeit treten, können durch den Reputationsverlust selbst gefeierte Stars leicht zu Parias mit lebenslangem „Berufsverbot“ werden. Einige einst gefeierte Unternehmenslenker wie der Ex-Bertelsmann und Arcandor-Chef Thomas Middelhoff endeten gar in Haft und Privatinsolvenz – das Trauma aller Manager.
Druck, Deals und Drohungen
Für solchen Reputationsverlust sind nicht nur, aber auch die Medien verantwortlich. Wie Manager mit dem drohenden Medienpranger in der Krise umgehen können, dazu stand der bundesweit bekannte FAZ-Redakteur Marcus Jung Rede und Antwort. Seine Kernthese: Medien haben nicht die Aufgabe, Manager zu schonen. Sie informieren die Öffentlichkeit sachlich und fundiert über Abläufe in der Wirtschaft – und dazu gehört auch das Fehlverhalten von Managern. Professionalität, Sachverstand und Fairness seien allerdings notwendige Voraussetzungen für eine seriöse Berichtserstattung.
Viele Manager fühlen sich ganz und gar nicht fair von den Medien behandelt. Sie beklagen sich über unvollständige, falsche, tendenziöse oder gezielt verunglimpfende Medienberichte. Volljurist und Vollblutjournalist Marcus Jung kennt solche Vorwürfe nur zu gut. Anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis konnte er Missverständnisse und Vorurteile ausräumen. Wichtigste Erkenntnis für die Teilnehmer: Auch Journalisten stehen unter gewaltigem Druck. Das Ziel eines PR-Beraters muss demnach sein, eine langfristige Partnerschaft zu Journalisten aufzubauen, um eine ausgewogene und sachliche Berichterstattung zu fördern. „Druck, Deals und Drohungen funktionieren hingegen nur im Hollywood-Kino,“ meinte Jung, „im Qualitätsjournalismus haben sie keinen Platz.“
Magere Manager-Stories
Werden Topmanager durch die Justiz heute härter rangenommen als noch vor 20 Jahren? Das ist sicher so, meinten mehrere anwesende Juristen. Das liege aber nicht daran, dass Manager heutzutage krimineller seien als früher. Es gebe andere Ursachen: schärfere Gesetze, striktere Überwachungsmaßnahmen und ein härteres Vorgehen der Staatsanwaltschaften. „Vorstände haften ab leichtester Fahrlässigkeit auf den vollen Schaden,“ meint der Organhaftungsprofi Professor Stefan Freund, „Durch die Verschärfung der Organhaftung in Deutschland werden Manager sehr schnell zur Zielscheibe und müssen sich aus dem juristisch falschen Blickwinkel der Retrospektive häufig für angebliche Fehler rechtfertigen, die angesichts der Fülle der zu beachtenden Details praktisch kaum vermeidbar waren.“ Wenn es dann zum Rechtsstreit kommt, gilt für betroffene Manager die Beweislastumkehr. Sie sind in der Beweispflicht, und der können sie nach einem Verlust ihrer Ämter kaum mehr nachkommen, weil ihnen schlicht der Zugriff auf die notwendigen Informationen fehle. Ein Grund für manch dünne Manager-Story.
Die Mutter aller Probleme
Ein weiterer Höhepunkt des Abends war der Vortrag des D&O-Fachmanns Dr. Burkhard Fassbach. Seiner Meinung nach sei die strenge Organhaftung in Deutschland die Mutter aller Probleme. Manager haften heute bereits bei leichter Fahrlässigkeit unbegrenzt mit ihrem Privatvermögen. Fassbach sieht hier erheblichen Regulierungsbedarf, da sich ansonsten kaum mehr gute Managertalente diesem Risiko aussetzten. „Der Gesetzgeber sollte zulassen, dass die aktienrechtliche Innenhaftung der Organmitglieder durch die Satzung begrenzt wird, indem die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen wird und / oder Haftungshöchstgrenzen eingeführt werden.“ Prinzipiell empfiehlt Fassbach den Managern eine dreifache Verteidigungslinie aufzubauen:
- Compliance: Die erste Verteidigungslinie ist die Prävention. Amtierende Geschäftsleiter müssen ein wirksames Compliance-Management-System (CMS) einrichten. Dazu sind sie nicht nur verpflichtet, es dient auch ihrem eigenen Schutz.
- D&O Versicherungen: Das zentrale Leistungsversprechen der D&O-Police ist die Abwehr unberechtigter Ansprüche. Dazu gehört auch der Schutz der Reputation durch einen professionellen Kommunikationsberater. Aber auch dann, wenn die Haftungsforderungen begründet sind, haben die Versicherten einen Anspruch auf Freistellung von solchen Ansprüchen.
- Asset-Protection: Maßnahmen zur Asset-Protection können dann im schlimmsten Fall zum Schutz des Privatvermögens vor persönlicher Haftung führen. Ziel solcher Gestaltungen ist es, das Privatvermögen vor dem Zugriff von Gläubigern zu schützen. Die Haftungsmasse wird eigentumsmäßig vom ursprünglichen, haftungsgefährdeten Inhaber abgetrennt.
Mit diesen Empfehlungen aus der Praxis ging der offizielle Teil des Abends zu Ende. Beim anschließenden Get-together wurden die vielen Aspekte in Einzelgesprächen weiter vertieft – ein exklusiver Abend mit intensiven Einblicken.